Professioneller Journalismus mehr denn je gefragt

Dortmund. Eine Diskussion über den Umgang mit so genannten Fake-News und die Rolle des Journalismus, die Entscheidung über den Preisträger des Eisernen Reinoldus, Ehrungen sowie Planungen für das Jahr 2017 standen im Mittelpunkt der Jahreshauptversammlung des Pressevereins Ruhr.

Gleich zu Beginn waren mahnende und zugleich aufmunternde Worte von Professor Dr. Claus Eurich (Institut für Journalistik an der TU Dortmund) zu hören. Journalisten sollen sich, so betonte er, nicht als Opfer einer medialen Entwicklung betrachten, sondern trotz aller widrigen Umstände Mut und Kraft des Gestaltens bewahren. Gemeinsam mit Bastian Schlange (Netzwerk Correctiv) befasste sich Eurich mit der Frage, welche Möglichkeiten Journalisten haben, Hate Speech und Fake-News, die vor allem über die sozialen Netzwerke verbreitet werden, etwas entgegenzusetzen.

Foto: Anja Cord

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Soziale Medien sind kein Korrektiv des Journalismus

Beide Referenten betonten, dass vor allem professioneller Journalismus gefragt sei, der mit seinen ihm ureigenen Standards Inhalte auf Facebook und Co. hinterfrage oder bei Bedarf widerlege. Eurich, zu dessen Schwerpunkten in Lehre und Forschung Ethik sowie Kommunikations- und Medientheorien gehören, hob auf wesentliche Kompetenzen von Journalisten ab, die er jetzt mehr denn je als gefragt sieht. Diese reichen von der Nachrichtenauslese und -bewertung über die Einordnung von Informationen bis hin zur fach- und sachgerechten Vermittlungen von Neuigkeiten. Der Wissenschaftler widersprach sehr vehement einer um sich greifenden Denkweise, wonach soziale Medien als Korrektiv des Journalismus verstanden werden können. Zu den Wesensgehalten einer Demokratie gehöre es vielmehr, dass der Journalismus eine Kontrollfunktion habe und diese auch ausüben müsse.

Foto: Anja Cord

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Nach Worten von Bastian Schlange kommt der Journalismus aber um die sozialen Netzwerke nicht mehr herum, spielen sie doch eine ganz entscheidende Rolle und haben auch maßgeblichen Einfluss auf die Politik. Angesichts der Reaktionszeiten, die die virale Verbreitung von Informationen Politikern und auch anderen Entscheidungsträgern abverlangt, spreche der Blogger Sascha Lobo von einer „Sofortpolitik“. Für Schlange ist eigentlich jeder Journalist mit seinem eigenen Verantwortungsbewusstsein gefragt, um Falschmeldungen auseinanderzunehmen. Im Fall der Fälle müsste man auch juristische Möglichkeiten in Betracht ziehen.

Das grundlegende Problem der Finanzierung

In der Diskussion mit den beiden Gästen schälte sich aber sehr deutlich ein elementares Problem heraus, nämlich die Finanzierung von professionellem Journalismus. Eurich plädierte für die Bildung von Stiftungen, die sich um diese Thematik kümmern sollen. Auch aus Sicht von Bastian Schlange gilt es, über neue Finanzierungsmodelle nachzudenken, zugleich erinnerte er an die bereits bestehende Stiftung „Vor Ort NRW“, die unter dem Dach der Landesmedienanstalt den Lokaljournalismus fördern will und einen besonderen Fokus auf das Internet richtet. Correctiv selbst, so Schlange, hat zwei konkrete Projekte begonnen, die auf aktuellen Entwicklungen reagieren: Zum einen handelt es sich um das Onlinemagazin „Özgürüz“, das der im deutschen Exil lebende Journalist Can Dündar (ehemaliger Chefredakteur der regierungskritischen türkischen Zeitung Cumhuriyet) und Correctiv gegründet haben und das den Menschen in der Türkei ungefilterte Nachrichten vermitteln will. Noch vor dem Start wurde das Medium in der Türkei nach Angaben von Correctiv gesperrt. Zum anderen wollen das Netzwerk (Sitze: Essen, Berlin) und Facebook zusammenarbeiten, um den Falschmeldungen Herr zu werden. Bislang ist unter anderem geplant, dass Mitarbeiter Inhalte prüfen, die ihnen von Nutzern gemeldet werden. Im Fall der Fälle sollen dann solche Inhalte auch entsprechend gekennzeichnet werden.
Solidarität mit Journalisten in der Türkei

Ferner sprach sich der Presseverein dafür aus, ein klares Zeichen für die in der Türkei inhaftierten und auch drangsalierten Journalisten zu setzen. Für den Gewerkschaftstag am 5. Mai in Hagen wird ein Antrag vorbereitet, der darauf abhebt, Solidarität mit den Kolleginnen und Kollegen sowie die Bedeutung der Pressefreiheit für einen demokratischen Staat zu bekunden.
Die Mitgliederzahlen des Pressevereins haben sich erfreulich entwickelt, gehören ihm doch 491 Journalisten an. Das sind 20 mehr als im Vorjahr. Für das laufende Jahr plant der Ortsverein bei namhaften Firmen und Organisationen. (Text: Theo Körner)

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