Ashwin Raman – ein Reporter im Grenzbereich

Ashwin Rahman erzählte anschaulich über sein Reporter-Leben. (Foto: © Anja Cord)

Mit einem beeindruckenden Vortrag hat der Reporter Ashwin Raman den Presseverein Ruhr besucht, dessen Mitglied er seit vielen Jahren ist. Der gebürtige Inder berichtete sachlich, aber mit hintergründigem Humor über seinen gefährlichen Arbeitsalltag als Filmemacher in Kriegs-und Krisengebieten. Dazu präsentierte er Ausschnitte aus seinen Produktionen, in denen bedrückende Aufnahmen von Gefechtssituationen zu sehen sind. Mit schußsicherer Weste und seiner handlichen Digital-Kamera geht Raman dorthin, wo sich andere Teams nicht hintrauen.

Der heute 65jährige kritisierte bei dieser Gelegenheit die Arbeitsweise der deutschen Auslandskorrespondenten. Die Berichterstattung sei schlecht und oberflächlich, weil den Reportern der Mut fehle. Sie würden lieber von Hotel-Balkons berichten als sich, z.B., unter die Demonstranten auf dem Tahrir-Platz in Kairo zu mischen.

Hart ging er auch mit den Verantwortlichen in den heimischen Sendeanstalten ins Gericht. Es gebe immer weniger Sendeplätze für längere Reportagen. Da müsse er um jeden einzelnen Auftrag kämpfen, so Raman. Selbst nachdem sein Ansehen durch die Verleihung des Deutschen Fernsehpreises 2010 für eine ZDF-Reportage über Somalia („Land ohne Gesetz“) gestiegen sei. Deutsche Chefredakteure hätten keine Vorstellung von der Arbeit vor Ort. Wenn er nicht mindestens drei „Kampfszenen“ in den Film schneiden kann, habe der Film keine Chance. „Das Wichtigste ist die Quote. Auch wenn das immer geleugnet wird“, so seine Erfahrung. Der SWR, für den er derzeit vorwiegend arbeitet, sei eine Ausnahme.

Seit Ende der 70er Jahre hat Ashwin Raman mehr als 300 Dokumenationen produziert – überwiegend für die öffentlich-rechtlichen Sender. Ob in Afrika oder am Hindukusch: Raman ist nur mit einem Rucksack unterwegs, in dem er das Nötigste verstaut hat. Seine Arbeit als Ein-Mann-Team habe sich als großer Vorteil erwiesen. „So komme ich an die Menschen hautnah heran.“ So lebte er zuletzt drei Wochen mit deutschen Soldaten am Hindukusch zusammen, schlief mit ihnen auf Feldbetten – ohne prominenten Begleittroß. So gewinne er das Vertrauen der Soldaten. Und das verschaffe dem Zuschauer eine ganz andere Sichtweise auf die Zustände in Afghanistan. Ashwin Raman betont: „Ich verbreite keine politischen Meinungen. Ich lasse die Menschen einfach reden.“

Angst sei ein ständiger Begleiter, gibt der Journalist zu. Besonders die Arbeit in Afrika empfand er als äußerst gefährlich, sagt er und berichtet davon, wie die Kugel eines Heckenschützen seinen Kopf nur um Zentimeter verfehlte. Auch für ihn gebe es Grenzen. Notfalls kaufe er Drehmaterial mit Kampfszenen von örtlichen Kamerateams. „Ich bin nicht lebensmüde.“

Obwohl er jetzt das Rentenalter erreicht hat, denkt Ashwin Raman noch nicht an Ruhestand. Zum einen, weil er aus finanziellen Gründen dazu gezwungen ist; zum anderen, weil ihn das Reporter-Virus immer wieder ansteckt. Im Januar ist er mit somalischen Piraten am Horn von Afrika unterwegs.

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